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Kürzlich gelang mir die Identifizierung einer kompletten 35mm-Kopie des bisher nur fragmentarisch erhaltenen Monty-Banks-Klassikers »PLAY SAFE« von 1925 in der deutschen Fassung von 1928 im Bundesarchiv-Filmarchiv!!!
Das fantastische Thill-Comedy-Slapstick-Abenteuer wird zusammen mit dem ebenfalls wiederentdeckten Kurzfilm »ALWAYS LATE« im Lichthaus Kino Weimar seine neue Uraufführung feiern:
Am 22. Dezmeber / 19:30 Uhr / Lichthaus Kino Weimar »DONNERWETTER, MONTY BANKS!«
»Play Safe«, USA 1925, ca. 65 Min. (dazu der Vorfilm: »Immer der letzte«, ca. 20 Min.)
Regie: Joseph Henabery
Buch: Charles C. Horan
Mit: Monty Banks, Virginia Lee Corbin, Charles Gerard, Bud Jamison.
Dank an Dave Glass (Kickstarter-Projekt zu Monty Banks) sowie Siemone Bieniek (Bauhaus-Universität Weimar), die micha auf die richtige Spur gebracht haben!
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Wiederentdeckte Slapstick-Groteske von 1925 feiert zu Weihnachten im Lichthaus Kino Weimar eine neue Uraufführung.
Der Weimarer Stummfilmmusiker Richard Siedhoff, der bereits 2018 die Originalmusik zu dem Stummfilm-Epos »Der Golem« wiederentdeckte, hat nun eine einen neuen bemerkenswerten Fund gemacht: eine zu Unrecht vergessene Slapstick-Komödie des Komikers Monty Banks! Der bisher nur in Fragmenten bekannte Film »Play Safe« von 1925 gipfelt in einer waghalsigen Zug-Verfolgungsjagd, die einen Höhepunkt der amerikanischen Stummfilm-Comedy darstellt. „Ein richtiges ‚Thrill-Picture‘ – Monty Banks vollführt darin die atemberaubendsten Stunts, die denen von Buster Keaton und Harold Lloyd in nichts nachstehen“ schildert Siedhoff begeistert. Der Fund ist ein Glücksfall: Nachdem die Bibliothekarin Simone Bieniek in einer Veranstaltung von Siedhoff ein Fragment des Films sah, stieß sie beim Katalogisieren in der Bibliothek der Weimarer Bauhaus-Universität zufällig auf ein altes Programmheft des Films von 1928. Der deutsche Filmtitel »Donnerwetter, Monty Banks!« führte Siedhoff schließlich auf die richtige Spur und so konnte er im Bundesarchiv in Berlin eine ungesicherte, leicht entflammbare, aber vollständige Nitro-Kopie des Films identifizieren und digitalisieren lassen. Der Film wird am 22. Dezember um 19:30 Uhr im Lichthaus Kino Weimar erstmals zusammen mit einem ebenfalls von Siedhoff entdeckten Kurzfilms des Komikers wiederaufgeführt. Wir dürfen gespannt sein: „Lachen, Brüllen, Toben ohne Ende“ versprach die Magdeburger Volksstimme am 12. Juli 1929 in den Kinoanzeigen und ein Reporter der Dresdner Neueste Nachrichte schrieb am 23. Oktober 1928 begeistert über den Film: „Die hanebüchene Geschichte eines Erdensohnes, mit dem das Schicksal Schlitten fuhr. Monty Banks gibt in diesem Film eine Auslese der unglaublichsten Sensationen, bei denen der Atem stockt und die doch immer wieder Lachsalven auslösen.“ „Es bleibt zu hoffen, dass auch die anderen zum Teil verschollenen Filme von Monty Banks eines Tages wieder auftauchen, um ihm seinen Platz neben den großen Komikern der Stummfilmzeit sicherzustellen – immerhin gelten über 80 % des gesamten stummen Filmerbes als verschollen.“ erzählt Richard Siedhoff – und er sei schon auf einer heißen Spur, noch andere Filme des vergessenen Komikers auszugraben. „In ‚Donnerwetter, Monty Banks‘ rollt ein Film über die Leinwand, der das Unglaubliche an Humor, Ausgelassenheit und ulkigsten Situationen bietet, was man sich nur denken kann. Die Lachmuskeln kommen nicht zur Ruhe, und alles ist wieder von Monty Banks begeistert.“ (Bochumer Anzeiger und General-Anzeiger, 4. Januar 1930) |
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Selten hat ein Filmwerk so viel Einfluss in der Film- und Mediengeschichte hinterlassen wie F. W. Murnaus genialer Stummfilm DER LETZTE MANN von 1924. Die ergreifende Tragikomödie um einen alternden Hotelportier, umwerfend gespielt vom noch jungen Emil Jannings, revolutionierte die Filmsprache durch ungeahnt vielseitige („entfesselte“) Kamerabewegungen und den Verzicht auf Texttafeln. Kein geringerer als Alfred Hitchcock, der den Dreharbeiten beiwohnte, bezeichnete den LETZTEN MANN als den perfekten Film. Das visuelle Spektakel mit aufwendigen Bauten, raffinierten Filmtricks und stilisierten Bildern fesselt auch nach 100 Jahren noch genauso, wie es einst Hollywood nachhaltig beflügelte.
Die optische Komposition wird durch die kongeniale musikalische Komposition von Richard Siedhoff, live gespielt vom Metropolis Orchester Berlin unter Burkhard Götze, zu einem berauschenden Konzert-Film-Erlebnis. Siedhoffs Neukomposition changiert zwischen Romantik, Moderne, Jazz- und Tango-Einflüssen und macht aus dem Film eine packende Satire über die gestürzte Monarchie im Schatten der Goldenen 20er Jahre.
Regie-Legende Volker Schlöndorff (Bildmitte) - Schirmherr des Abends - wird im Gespräch mit Knut Elstermann eine besondere Einführung und einen Einblick in seine ganz persönliche Beziehung zum Film geben.
Eintrittspreis: 30 € - 35 €
(Balkon: 27€ (ermäßigt 22€) | Parkett: 35€ (ermäßigt 30€))
Dauer: ca. 90 Min | Keine Pause
Filmeinführung mit Regisseur Volker Schlöndorff und Knut Elstermann
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»Weltenecho! Filme der Weimarer Republik in den Weimarer Kinos 1924«
26. August - 6. September // Lichthaus Kino Weimar & Audimax der Bauhaus-Universität Weimar
MO, 26. AUG | 18:00 Uhr | LICHTHAUS KINO WEIMAR
Cinessage - Eröffnung der VI. Weimarer Stummfilm-Retrospektive
MO, 26. AUG | 19:30 Uhr | LICHTHAUS KINO WEIMAR
»DIE NIBELUNGEN« Teil 1: »SIEGFRIED«
Live-Musik: Richard Siedhoff (Piano), nach der Originalmusik von Gottfried Huppertz (1924)
Film & Vortrag von Stefan Drößler
DI, 27. AUG | 18:00 Uhr | LICHTHAUS KINO WEIMAR
Die Rekonstruktion von Ernst Lubitschs letztem Film in Deutschland: »Die Flamme«
DI, 27. AUG | 19:30 Uhr | LICHTHAUS KINO WEIMAR
»›ER‹ IM PARADIES« & »MISTER RADIO«
Live-Musik: Matthias Hirth (Elektronische Klangkomposition) & Michal Skulski (Saxophon, Akai EWI)
MI, 28. AUG | 19:30 Uhr | LICHTHAUS KINO WEIMAR
»MAX UND DIE DREI MUSKETIERE« & »NANUK, DER ESKIMO«
Live-Musik: Maud Nelissen (Piano) / Richard Siedhoff (Piano) & Mykyta Sierov (Oboe)
Vortrag von Norbert Aping
DO, 29. AUG | 18:00 Uhr | LICHTHAUS KINO WEIMAR
Wie Charlie Chaplins »The Kid« nach Deutschland kam
DO, 29. AUG | 19:30 Uhr | LICHTHAUS KINO WEIMAR
»MUTTER UND KIND« & »THE KID«
Live-Musik: Maud Nelissen (Piano & Arrangement der Komposition von Charlie Chaplin von 1971 zu »The Kid«)
FR, 30. AUG | 19:30 Uhr | LICHTHAUS KINO WEIMAR
»BUDDENBROOKS«
Live-Musik: Ekkehard Wölk (Piano)
Kinder- und Familienprogramm
SA, 07. SEP | 15:00 Uhr | LICHTHAUS KINO WEIMAR
»CHAPLIN ALS PSEUDOGRAF« & »›ER‹ IM HAUS DES SCHRECKENS« & »LARRY IM FIDELEN GEFÄNGNIS«
Live-Musik: Ekkehard Wölk (Piano)
MO, 02. SEP | 19:30 Uhr | LICHTHAUS KINO WEIMAR
»DER GLÖCKNER VON NOTRE DAME«
Live-Musik: Stephen Horne (Piano, Querflöte, Akkordeon)
DI, 03. SEP | 19:30 Uhr | LICHTHAUS KINO WEIMAR
»CHARLIE CHAPLIN ALS AUSWANDERER« & »DER HUND VON KALIBU«
Live-Musik: Stephen Horne (Piano, Querflöte, Akkordeon)
MI, 04. SEP | 19:30 Uhr | LICHTHAUS KINO WEIMAR
»EHEGESCHICHTEN«
Live-Musik: Tobias Rank (Piano) & Izabela Kaldunska (Violine)
Podiumsdiskussion
DO, 05. SEP | 18:00 Uhr | LICHTHAUS KINO WEIMAR
Die Nibelungensage - Widerhall eines alten Mythos in Kunst und Politik
DO, 05. SEP | 19:30 Uhr | LICHTHAUS KINO WEIMAR
»DIE NIBELUNGEN« Teil 2: »KRIEMHILDS RACHE«
Live-Musik: Richard Siedhoff (Piano), nach der Originalmusik von Gottfried Huppertz (1924)
Stummfilm & Orchester
FR, 06. SEP | 19:30 Uhr | AUDIMAX der Bauhaus-Universität Weimar
»AUSGERECHNET WOLKENKRATZER« & »Die Stimme der Nachtigall« (Vorfilm)
Live-Musik: Thüringen Philharmonie Gotha-Eisenach
Dirigent: Robert Israel
Komposition: Robert Israel (Hauptfilm), Richard Siedhoff (Vorfilm)
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Das Kino dominierte die Abendfreizeitgestaltung vor 100 Jahren. Während sich die Republik ab 1924 von der Inflation erholen konnte, suchte man in den beiden Weimarer Kinos bei täglich mehrere Vorstellungen mit wöchentlich wechselnden Programmen Zerstreuung: In der Marienstraße 1 befanden sich Helds Lichtspiele des Hoffotografen Louis Held und in der Marktstraße 20 die Lichtspiele vorm. Th. Scherff. Die Spielpläne dieser beiden Kinos repräsentieren einen beachtlichen Querschnitt Kinoalltags im Deutschland des Jahres 1924: Insgesamt 463 Spiel- und Kurzfilme aller Genres waren zu bestaunen, während der Anteil ausländischer Titel, insbesondere amerikanischer Produktionen, nachdem die kriegsbedingten Einfuhrbeschränkungen gelockert waren, auf 220 Titel stieg. Doch dieses Filmerbe ist nur bedingt erhalten. Während man generell davon ausgehen muss, dass vom gesamten Stummfilmerbe nur 5 bis 10 % überhaupt erhalten sind, konnten wir von den 463 Filmen immerhin ca. 170 Titel als existent ermitteln, viele jedoch nur in fragmentarischer Form. Daraus haben wir knapp 20 verfügbare Filme ausgewählt, worunter sich neben zeitlosen Klassikern wie »DIE NIBELUNGEN« oder Filmen von Harold Lloyd (›Er‹) auch Seltenheiten wie das in Thüringen gedrehte Drama »MUTTER UND KIND« oder die erste Verfilmung von Thomas Manns »BUDDENBROOKS« sowie der surreal-groteske französische Film »EHEGESCHICHTEN« (»Le Brasier ardent«) von Ivan Mosschuchin befinden.
»Weltenecho! Filme der Weimarer Republik in den Weimarer Kinos 1924«, unter diesem Motto kontextualisiert die VI. Weimarer Stummfilm-Retrospektive das Kinojahr 1924 zwischen Unterhaltung und Zeitbild, Kunstwerdung und Industrialisierung des Kinos. Begleitet von historischen Wochenschauen, Einführungen, Vorträgen und Filmgesprächen mit Film-, Kultur- und Musikexpert*innen, werden zudem alle Filmvorführungen von international renommierten Stummfilm-Musiker*innen live vertont.
Anschließend an jede Veranstaltung hat das Publikum die Möglichkeit, in unserer »Cine-Corner« im Lichthaus Kino mit den Veranstalter*innen und Expert*innen gemütlich über die Filme zu plaudern und zu debattieren.
Karten für das Lichthaus Kino pro Abend: 10 € / ermäßigt 7 €
Karten für das FIlmkonzert im Audimax: 16 € / ermäßigt 12 €
Cinessage: 26.08.2023, 18:00
Ort: Lichthaus Kino (außer: »AUSGERECHNET WOLKENKRATZER« am 6. September im AUDIMAX der Bauhaus-Universität Weimar)
Barrierefreier Zugang (mit Anmeldung unter Tel.: 03643-4685350)
Eine Veranstaltungsreihe von:
Lichthaus Kino, Bauhaus-Universität Weimar, Stadtarchiv Weimar, Kunstfest Weimar
Projektleitung: Dr. Simon Frisch, Gerrit Heber, Dirk Heinje, Louisa Maier, Sven Opel, Dr. Katrin Richter, Dr. Jens Riederer, Richard Siedhoff
Mitarbeit: Salma Virág Pethö-Zayed
Redaktion: Richard Siedhoff
Spielplan-Recherche des Jahres 1924: Gerrit Heber
Kooperationspartner:
Bundesarchiv-Filmarchiv Berlin, La Cinémathèque française, Deutsches Filminstitut & Filmmuseum Frankfurt a. M. (DFF), Filmmuseum Düsseldorf, Stiftung Deutsche Kinemathek (Berlin), Europäische FilmPhilharmonie, FPA Classics (Lobster Films, Paris), Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, The Harold Lloyd Estate, Roy Export S.A.S., Stummfilm Magazin,
desweiteren: David Glass, Suzanne Lloyd, Léona Béatrice Martin-Starewitch, Jon Mirsalis
Dank an: Aitam Bar-Sagi, Florian Deterding, Oliver Hanley, Frank Hoyer, Andreas Krinke
Förderung:
Thüringer Staatskanzlei, Sparkasse Mittelthüringen, Stadt Weimar, Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, Bauhaus-Universität Weimar
Musiker*Innen & Orchester:
Matthias Hirth & Michal Skulski, Stephen Horne, Maud Nelissen, Robert Israel, Tobias Rank & Izabela Kaldunska, Richard Siedhoff & Mykyta Sierov, Ekkehard Wölk und die Thüringen Philharmonie Gotha-Eisenach!
Auführung der von Richard Siedhoff rekonstruierten Originalmusik von Dr. Hans Landsberger (1920) für großes Orchester.
Es spielt das Dortmunder Universitätsorchester unter Leitung von Julian Pontus Schirmer.
»DER GOLEM, WIE ER IN DIE WELT KAM«
Deutschland 1920 | Regie: Paul Wegener | Drehbuch: Paul Wegener, Henrik Galeen | Kamera: Karl Freund | Darsteller: Paul Wegener, Albert Steinrück, Lyda Salmonova, Ernst Deutsch, Loni Nest | 91 min | Farbe: viragiert | Zwischentitel: deutsch
Zur Aufführung gelangt die 2017-2020 vom Filmmuseum München digital restaurierte Langfassung des Films.
Die Anziehungskraft der Sage aus dem Prager Ghetto ist ungebrochen: Rabbi Löw sieht in den Sternen das drohende Unheil für seine Gemeinde. Als der Kaiser befiehlt, die Juden zu vertreiben, formt Löw einen »künstlichen Menschen« aus Lehm und erweckt ihn mit magischen Kräften zum Leben. Die Rettung seines Volkes gelingt, doch das Werkzeug erhebt die Hand gegen seinen Schöpfer.
Eine bisher verschollene Filmmusik des Weimarer Kinos erlebt ihre neue Uraufführung: die Originalmusik zu »Der Golem, wie er in die Welt kam« des jüdischen Komponisten Dr. Hans Landsberger, der 1941 in einem Internierungslager ums Leben kam. Der Stummfilmmusiker Richard Siedhoff zeichnete sich nach der Entdeckung 2018 – für die Rekonstruktion und Neuorchestrierung
der Musik verantwortlich. Erstmals seit den 1920er Jahren wird das Gesamtkunstwerk »Der Golem« in ursprünglicher Form wiederaufgeführt.
im Rahmen vom Kunstfest Weimar2023 findet vom 29. August bis 10. September im Lichthaus Kino Weimar sowie im Großen Haus des Deutschen Nationaltheaters Weimar die V. Weimarer Stummfilm-Retrospektive unter dem Motto »Lob dem Lichtspiel« statt. Gezeigt werden Filme, die vor 100 Jahren in den Weimarer Kinos besonders präsent waren.
Die Filmreihe ist ein Gemeinschaftsprojekt vom Lichthaus Kino Weimar, der Bauhaus-Universität Weimar und dem Stadtarchiv Weimar in Kooperation mit dem Kunstfest Weimar.
Weitere Infos & KARTEN:
- Lichthaus Kino Weimar
- Kunstfest Weimar
Wie üblich werden alle Filmprogramme live musikalische begleitet und von Einführungen, Vorfilmen und historischen Wochenschauen flankiert!
Die musikalische Gäste sind dieses Jahr (in der Reihenfolge des Auftretens) Frank Bockius (Freiburg, Perkussion), Daan van den Hurk (Niederlande, Piano), Matthias Hirth (Leipzig, elektronische Klangkomposition), Richard Siedhoff (Weimar, Piano) & Mykyta Sierov (Kiew/Weimar, Oboe), Eunice Martins (Berlin, Piano), Tobias Rank (Leipzig, Piano) & Izabela Kaldunska (Leipzig, Violine), Ekkehard Wölk (Berlin, Piano) sowie die Thüringen Philharmonie Gotha-Eisenach mit dem Dirigenten Burkhard Götze (Berlin)!
Gbriel Thibaudeau musste leider kurzfristig absagen, wird aber durch Frank Bockius und Daan van den Hurk würdig vertreten werden!
Besonderes Highlight ist dieses Jahr die Vertonung von G. W. Pabst Erstlingswerk »Der Schatz« mit der Originalen Orchestermusik (1923) des Schönberg-Schülers Max Deutsch am 8. September, 20:00 Uhr im Großen Haus des DNT Weimars. Ebenso interessant ist die Deutsche Erstaufführung der restaurierten Fassung von Richard Oswalds Monumentalfilm »Lucrezia Borgia« am 1. September im Lichthaus Kino Weimar.
Hingewiesen sei auch auf das Kinder- und Familienprogramm am Nachmittag des 10. Sepembers mit Ekkehard Wölk am Flügel!
Das ganze Programm finden Sie hier als PDF.
Herzliche Grüße, Richard Siedhoff
Im Auftrag der UFA-Filmnächte komponiere ich derzeit eine neue Musik für Salonorchester zu der Filmperle »Wo ist Coletti?« von Max Mack aus dem Jahr 1913, der wohl ersten abendfüllenden Filmkomödie der Filmgeschichte (ein Jahr vor Mack Sennetts »Tillie's punctured Romance«!).
Derzeit arbeite ich fieberhaft an der Fertigstellung meiner neuesten Partitur, welche mit dem Metropolis Orchester Berlin unter der Leitung meines geschätzten Freundes Burkhard Götze am 24. August 2023 auf der Museumsinsel in Berlin bei den UFA-Filmächten uraufgeführt wird!
Stolpersteinverlegung für den jüdischen Komponisten Hans Landsberger
Samstag 24. Juni, 12:00 Uhr // Bundesallee 202, Berlin
2018 entdeckte ich die Originalkomposition des jüdischen Komponisten Hans Landsberger (* 20. August 1890 in Berlin; † 8. Januar 1941) wieder. Der Komponist wurde zu einem Opfer des Holocausts und sein Fall offenbart die grausame Gründlichkeit der Nationalsozialisten bei der Austilgung jüdischen Lebens und jüdischer Kultur. Alle seine Werke galten bis dato als verschollen, über sein Leben war nichts bekannt. Lediglich als Komponist von vier Stummfilmmusiken in den Jahren 1920/21 war er in den Filmgeschichtsbüchern in Erinnerung geblieben.
Nach Monaten der Recherche durch Frau Dr. Barbare Elkeles und Frau Philippa James-Buth konnten wir seine Biographie in groben Zügen rekonstruieren. 1933 floh er vor den Nazis von Berlin nach Spanien, wo er einige Jahre später vom Bürgerkrieg überrascht wurde. Mit seine zweiten Frau, die er im Exil heiratet, führt er eine Pension in Südfrankreich, wo er nach dem Einmarsch der deutschen Truppen, wie so viele Andere, im Internierungslager Camp de Gurs im Winter 1941 verstirbt.
Am 24. Juni 2023 um 12:00 Uhr fand nun die Verlegung eines Stolpersteins für Hans Landsberger in der Bundesalle 2022, 10717 Berlin, statt. Zu erneuten Uraufführung kam dabei vor Ort das zweite Werk, das von Landsberger inzwischen aufgetaucht ist: Ein Film-Tango mit dem Titel »Bitte langsam drehen!«, gespielt von Mitgliedern des Metropolis Orchester Berlin.
Mit einem Festakt erinnert der Bautzen-Komitee e. V. gemeinsam mit der Stadt Bautzen und der Stiftung Sächsische Gedenkstätten/Gedenkstätte Bautzen an den Volksaufstand in der DDR vom 17. Juni 1953 vor 70 Jahren.
Das von Richard Siedhof (Weimar) eigens für den Anlass komponierte Stück „Memento“ kommt durch das Streichquartett Bautzen an diesem Tag zur Uraufführung. Ein Chor ehemaliger Kruzianer (Kreuzkirche Dresden) begleitet die vom Bautzner Dompfarrer Christian Tiede gehaltene Andacht musikalisch.
Ein Grußwort hält – in Vertretung des Ministerpräsidenten des Freistaats Sachsen – die Staatsministerin für Kultur und Tourismus und Vorsitzende des Stiftungsrates der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, Barbara Klepsch. Weitere Redner sind Alexander Latotzky, Vorsitzender des Bautzen-Komitees, der Bautzener Oberbürgermeister Karsten Vogt sowie Dr. Markus Pieper, Geschäftsführer der Stiftung Sächsische Gedenkstätten.
Datum:
17.06.23 (16:00)
Veranstalter:
Gedenkstätte Bautzen
Ort:
Gedenkort „Karnickelberg“ Bautzen
Offizieller TRAILER
Im Auftrag des Filmkunstfestes Mecklenburg-Vorpommern habe ich meine Kammermusik zu Brüder, die dieses Jahr im Auftrag der Stiftung Deutsche Kinemathek entstand für Kleines Orchester erweitert. Die Uraufführung findet am 4. September im Innenhof des Schweriner Schlosses mit dem Metropolis Orchester Berlin unter der Leitung von Burkhard Götze statt.
Mehr Infos HIER.
Im Auftrag der Stiftung Deutsche Kinemathek Berlin komponiert Richard Siedhoff eine neue Kammermusik für Werner Hochbaums 1929 entstanden Stummfilm »BRÜDER«.
Der Film schildert in eindringlichen Bildern den das Leben während des Hamburger Hafenaufstands von 1896 und wurde ausschließlich mit Laiendarstellern gedreht.
Die Musik greift die unsichere Atmosphäre dieser Epoche mitfühlend auf und bindet auch die zitierten Arbeiter- und Revolutionslieder mit ein. Komponiert für Oboe, Fagott, Violine und Klavier.
Foto © 2021 by Thomas Mueller
Herzlichen Dank an Frank Hoyer und das Stummfilm-Magazin! Hier ein schöner Nachruf meiner 2021 entstandene und am 4. September im Deutschen Nationaltheater Weimar (DNT) mit der Staatskapelle Weimar unter Leitung von Burkhard Götze uraufgeführten Orchestermusik zu Fritz Langs DER MÜDE TOD von 1921 - im Rahmen der III. Weimarer Stummfilm-Retrospektive in Kooperation mit dem Kunstfest Weimar.
- Hier gehts zum ursprünglichen Artikel von Frank Hoyer -
Foto © 2021 by Markus Lippmann
Neukomposition für Fritz-Lang-Klassiker:
musikalisches Lebenselixier für den "Müden Tod"
Die Weimarer Stummfilm-Retrospektive hat auch 2021 wieder sein Publikum begeistert und den Facettenreichtum der aktuellen Stummfilmkultur eindrücklich demonstriert.
Höhepunkt des Festivals war am 04. September 2021 die Uraufführung der Orchester-Komposition zu "Der müde Tod" von Richard Siedhoff, Preisträger des Deutschen Stummfilmpreises 2020. Gleich an zwei Terminen hintereinander spielte die Staatskapelle Weimar im Großen Haus des Deutschen Nationaltheaters unter der Leitung des renommierten Stummfilm-Dirigenten Burkhard Götze die Neukomposition von 2021 live zum Film von 1921.
Die Musik schmiegte sich bereits bei den ersten erklingenden Tönen wie eine zweite Haut an Fritz Langs frühes Meisterwerk an, gerade so, als ob sie vom eigenwilligen Regisseur höchstselbst beauftragt worden wäre. Die vom Komponisten gewählte Tonsprache war in seiner Grundstruktur den Gepflogenheiten der Entstehungszeit des Films verpflichtet und griff großzügig auf die Stilelemente der Spätromantik zurück. Doch plötzlich erklang auch etwas an Gershwin erinnernde Swing-Elemente und dann etwas Modernes. Und so war die Musik für die Zuhörer*innen immer wieder überraschend und abwechslungsreich.
Foto © 2021 by Thomas Mueller
Dabei hat Siedhoff mit seiner Komposition etwas geschafft, was bei diesem narrativ kompliziertem Film oft übersehen wird: ihn dramaturgisch zusammenzuhalten, ohne die Details und völlig unterschiedlichen Schauplätze – Orient, Venedig, China und altdeutsche Kleinstadt – aus den Augen zu verlieren. Die Struktur um die Leitmotive der Musik machen deutlich, hier ist jemand intensiv in den Film und dessen Struktur eingetaucht, nichts erscheint beliebig. Die Komposition ist stimmungsvoll ausmalend, aber niemals verspielter Selbstzweck. Sie tariert die Balance zwischen mitreißender musikalischer Eigenständigkeit und wirkungsvoller Gebrauchsmusik effektvoll aus und bietet zudem zahlreiche herrliche Ohrwürmer. Ein Hinweis des Komponisten im Programmheft legt nahe, dass er sich bei der Arbeit am "Müden Tod" an der Kompositionsweise Hans Landsbergers orientierte, dessen Originalmusik zum Stummfilm "Der Golem, wie er in die Welt kam" (D 1920) er rekonstruierte.
Siedhoff selbst hielt vor den Aufführungen einführende Worte zum Film. Er brachte dem Konzertpublikum die Bedeutung des Kinoklassikers nahe und erläuterte, warum dieser trotz der Digitalisierung heute leider nicht mehr so gut aussieht wie zur Entstehungszeit. Es sei ihm ein Anliegen gewesen, die visuellen Defizite, die die Zeit in das Material geschrieben habe, musikalisch auszugleichen. Und er fügte hinzu: „Filmmusik, gerade Stummfilmmusik, muss dem Film dienen, also habe ich komponiert, was der Film mir diktiert hat“. Er entwickle seine musikalischen Ideen aus den Bildern heraus. Dass er anachronistisch, also nicht wirklich modern komponiere, sei ihm bewusst. Und er merkte nicht ohne Ironie an: „Meine Musik ist sicher kein Werk, mit dem man heutzutage Preise gewinnen kann, aber dafür ist es schöne Musik“. Das Publikum reagierte auf die Äußerung mit Heiterkeit.
Foto © 2021 by Thomas Mueller
Die Rechnung ging auf: Was die Premierengäste da erlebten, war ein anderer Fritz-Lang- Film als bisher so oft gesehen. Geschlossener und runder und vor allem emotionaler. Freilich zeigte Siedhoffs Musik wenig Zurückhaltung, wollte ganz mit dem Film verschmelzen und das Publikum an die Hand nehmen, geradezu überwältigen. Für manche Zuschauer*innen mögen die Bilder zuweilen etwas von der Musik erdrückt gewirkt haben, für andere offenbarte der Klangrausch vielleicht gerade deren Gehalt ... und kam so auch der Auffführungspraxis der Stummfilmzeit sehr nahe.
Aber zurückhaltend war die Komposition dann doch plötzlich: Im Herzstück des Films, der venezianischen Episode, durfte das Orchester sich zurücklehnen und übergab die musikalische Führung über weite Strecken Cello, Harfe und Klavier, während die orientalische Episode mit allerlei "Full-Sound-Effekten" und viel Perkussion aufwartete. In der Episode am chinesischen Kaiserhof parodierte Lang auch die klischeehaften Sichtweisen der kolonialistisch geprägten Entstehungszeit des Films. Hier kam dank der Musik etwas zu tragen, was man in einem Lang-Film sonst nur selten findet: Ironie und Scherz. Siedhoff gelang es hier, den Film zur Komödie zu transferieren – mit Gershwin-Anleihen und Swing-Elementen. Doch dann schloss er geschickt wieder den Bogen hin zum Drama. Und wer nun davon ausging, hier fände man endlich das Happy End, für den wurde der Schock umso größer: Mit einem breiten Tremolo und Crescendo wurde der letzte totbringende Pfeilschuss des kaiserlichen Schützen vorbereitet – und traf mitten ins Herz; nicht nur ins Herz des Protagonisten, der hier das vierte Mal im Film sein Leben geben musste, sondern auch in das des Publikums.
Foto © 2021 by Thomas Mueller
Burkhard Götze, am Dirigentenpult mittlerweile so etwas wie das kongeniale, passgenaue Pendant zu Stummfilmmusiker Richard Siedhoff, führte die begeisternd aufspielende Staatskapelle Weimar punktgenau durch die vielen effektreichen Szenen: ein plötzlicher Szenenwechsel, ein Sprung ins Wasser, ein Beckenschlag zum Aufreißen eines Vorhangs, da ein Tanz und plötzlich eine Liebesszene und dort ein Pfeilschuss – alles saß treffsicher. Auch als die Musik beim finalen Höhepunkt des Films, einem lodernden Hausbrand voller Dramatik, willkürlich und eigenständig schien, kam der Ruf des hornblasenden Nachtwächters "just-in-time". Götze leitete die Staatskapelle mit sicherer Hand, keinen Augenblick kam der Verdacht auf, die abwechslungsreiche Musik würde davoneilen oder hinterherhinken, alles ging Hand in Hand. Das ist auch der Routine und Flexibilität der seit bald 20 Jahren Stummfilmkonzert erprobten Staatskapelle zu verdanken. Das Weimarer Orchester gab einen klaren und starken Klang, obwohl es aufgrund von Corona nur in einer Besetzung von etwa 25 Musiker*innen spielen konnte.
So emotional, wie Siedhoff den Film in ein musikalisches Gewand hüllte, konnte man den "müden Tod" bisher selten erleben: Die letzte Episode, wieder in der Film-Jetztzeit spielend, krönt Langs Film. Nachdem die letzten zarten Klängen des Orchesters verstummten, Dirigent Götze den Taktstock senkte und einige lange Sekunden anhaltende, ehrfürchtige Stille den Saal in Spannung hielt, durchbrach geradezu frenetischer Applaus mit "Bravo"-Rufen die Stille. Der Abend bewies: Auch heute kann Stummfilmmusik noch Oper sein, darf noch berühren und das Publikum an die Hand nehmen. Es muss nicht immer abstrakt sein, Kunst darf auch direkt ins Herz gehen. So manchem Zuschauer lief eine Träne herunter, als Lil Dagover am Ende ihr Leben opfern musste. Da haben Fritz Lang und Richard Siedhoff gut zusammengearbeitet.
Der Neukomposition sind noch viele weitere Vorführungen zu wünschen, denn eine bessere Werbung für eine lebendige Stummfilmkultur heutzutage kann man sich kaum wünschen.
Foto © 2021 by Ralph Philipp Ziegler
Die dritte Ausgabe der jährlich stattfindenden Weimarer Stummfilmretrospektive rückte – wie auch schon zuvor – Stummfilme, die vor hundert Jahren die Weimarer Kinospielpläne bestimmten, in den Mittelpunkt. Über ein Dutzend frühe Werke, in der Mehrzahl eher selten auf dem Programm stehende Stummfilmraritäten, wurden von international renommierten Stummfilmmusiker*innen im Lichthaus Kino Weimar live musikalisch begleitet. Zahlreiche Expert*inneneinführungen ermöglichten Einblicke in eine der spannendsten Phasen der internationalen Kinogeschichte. Die Filmschau fand von 29. August bis 08. September 2021 im Rahmen des Kunstfest Weimar statt. Weitere Infos zur III. Weimarer Stummfilm- Retrospektive
Der expressionistische, bildgewaltige Episodenfilm von Fritz Lang mit dem Untertitel "Ein Volkslied in sechs Versen" kam am 06. Oktober 1921 auf die Leinwand. Die Originalmusik von Giuseppe Becce ist verschollen. Das aufwändig inszenierte, märchenhafte Drama erzählt in drei exotischen Episoden und einer Rahmenhandlung vom Ringen einer Jungvermählten mit dem zu Fleisch gewordenen Tod um das Leben ihres Brätigams. Autor Arndt Pawelczik stellt im Rahmen der Stummfilm Magazin-Initiative 100 Jahre Stummfilm- Klassiker der Weimarer Republik "Der müde Tod" vor.
Text: Frank Hoyer
Interview mit dem Stummfilm Magazin zur Neukomposition (2021) zu Fritz Langs DER MÜDE TOD (1921)
Frische Musik für den "müden Tod": Im Gespräch mit Richard Siedhoff
Der Stummfilmmusiker Richard Siedhoff, Träger des Deutschen Stummfilmpreises 2020, komponierte während des Lockdowns im Winter 2020/21 eine Neukomposition für Fritz Langs "Der müde Tod".
Der Klassiker des Weimarer Kinos kam 1921, vor nun genau hundert Jahren, in die Kinos. Stummfilm Magazin sprach mit dem Komponisten über den Film und seine neue Musik dafür.
Was lässt sich über die Uraufführungsmusik von "Der müde Tod", die als verschollen gilt, heute sagen?
Ich weiß nicht viel über die Musik von Giuseppe Becce, die 1921 zum Film gespielt wurde. Wahrscheinlich wird er viel kompiliert, vielleicht aber auch komponiert haben. Immerhin gibt es Hinweise, dass damals neben dem Orchester auch Chor zum Einsatz kam.
Wie ist der "müde Tod" im filmischen Œuvres von Fritz Lang und im Vergleich zu anderen Stummfilmproduktionen Anfang der 1920er-Jahre zu verorten?
Der Film markiert einen Wendepunkt in Langs Schaffen. Er ist sein erstes großes Meisterwerk, für Filmkennern sogar einer deren Lieblings-Lang-Filme – noch vor "Metropolis" –, wie ich immer wieder zu hören bekomme. Hier findet sich schon alles, was Langs spätere Meisterwerke ausmacht. Zudem besticht der Film durch seine ausgefeilte, sehr ungewöhnliche Erzählstruktur.
Wie entstehen Ihre musikalischen Ideen zu einem Stummfilm? Wie haben Sie sich dem "müden Tod" kompositorisch angenähert?
"Der müde Tod" ist eine besondere Herausforderung für einen Komponisten, da der Film neben der altdeutschen Rahmenhandlung in drei völlig verschiedenen, teils märchenhaften Welten spielt: In einem aufgeheizten Orient, im strengen Venedig der Renaissance und in einem ironisch verzerrten kaiserlichen China – viermal ein anderer Lokalkolorit. Dazu kommt noch die Welt des Todes selbst. Also gilt es, fünf verschiedene kompositorische Ansätze zu finden, die aber wiederum alle "aus einem Guss" kommen müssen, damit das ganze Werk nicht in narratives Stückwerk zerfällt. Das ist einerseits sehr inspirierend, andererseits jedoch ungeheure schwierig. Ich habe mich für eine tonale Tonsprache entschieden, angelehnt an das, was in den ersten Jahrzehnen des 20. Jahrhunderts üblich war: Von der Romantik über die Spätromantik hin zum Impressionismus und Expressionismus. Nur an wenigen Stellen sprenge ich diesen Rahmen, beispielsweise bei der Hausbrand-Szene am Ende des Films.
In der Regel gehe ich bei der Konzeption meiner Kompositionen leitmotivisch vor. Da jedoch in den drei Binnenepisoden ganz neue Figuren auftauchen, die dann wieder verschwinden, sind die Leitmotive und -themen oft nur von kurzer "Lebensdauer". Also galt es, übergeordnete Schwerpunkte der Fabel miteinander zu verknüpfen und das sind im wesentlich zwei: Die Liebe der Protagonisten, um die in jeder Episode gerungen wird, und schließlich das unausweichliche Schicksal. Alles andere ist Ausschmückung und Phantasie. Dementsprechend ist das Hauptthema meiner Musik das gesangliche, tragische Schicksalsthema, welches im Grunde – nachdem die Musik mit dem Thema des Todes kurz eröffnet wird – den Anfang der Musik, bis auf den zweiten am Ende eines jedes Aktes und in einer überraschenden Dur-Wendung auch das Ende der Komposition bildet. Abgesehen davon erscheint es immer fast unverändert, während das zweite Hauptmotiv – das sehnsuchtsvolle Liebesmotiv, welches eigentlich der B-Teil des fröhlicheren "Themas des glücklichen Paares" ist, immer wieder klar erkennbar, aber doch in stark variierter Form auftritt. Entsprechend der Episoden und Situationen wird es dem entsprechenden Lokalkolorit der Episoden untergeordnet. Mal klingt es arabisch, mal chinesisch, mal mittelalterlich, mal wird es zu einem "venezianischen Gondellied" a la Mendelssohn.
Dazu gesellen sich zwei Themen um den Tod selbst: Ein tragisch-verzerrtes, dass dessen eigenen Schmerz beschreibt, und ein düsteres Zwölfton-Motiv, dass nicht wie eines klingt und sich am Ende sogar zu einer düsteren Fuge steigert. Daneben gibt es natürlich noch zahlreiche weitere Themen und Ideen.
Durch seinen Episodencharakter bietet der Film für einen Komponisten also viele kreative Ansätze ...
Jede Episode hat einen völlig anderen Charakter. Ich entschied mich also auch für sehr verschiedene musikalische Stile. In der orientalische Episode greife ich viel von dem auf, was in der europäischen Kunstmusik des 19. und 20. Jahrhundert als arabisch/orientalisch konnotiert ist: Rhythmen, Instrumentierung, Perkussion und vor allem arabische Skalen bilden die Grundlage einer sehr dichten Instrumentierung. Daraus entwickeln sich zum Beispiel ein wilder Derwisch-Tanz, ein lieblich-leidenschaftliches orientalisches Liebesthema und das kräftige, fanfarenartige und harmonisch expressive Motiv des bösen Kalifen. Sehr ähnlich haben die einst immigrierten Hollywood-Komponisten der 1930er und 1950er Jahre gearbeitet. Meine klaren Vorbilder sind hier beispielsweise Miklós Rózsa und Franz Waxman.
Die venezianische Episode bekommt dagegen einen kammermusikalischen Charakter. Hier dominieren Harfe und Cello im Duett. Die Harmonik und Melodik greift Stilmittel des Mittelalters sowie des Minnesangs auf – soweit sich das definieren lässt. Diese Strenge der Geschichte wird immer wieder von Fritz Lang auffallend geschickt mittels wilder, zügelloser Karnevals-Szenen gebrochen, die den kontrastreichen Hintergrund der intriganten Geschehnisse bilden. Besonders hier zeigt sich, wie musikalisch diese rein visuell gebauten Filme damals konzipiert waren, denn die Filmemacher hatten immer vor Augen, dass die Filme im Kino von der musikalischen Begleitung abhängig sein würden. Insofern gibt der Film auch an vielen Stellen klare musikdramaturgische Hinweise. Neben der renaissanceartigen Karnevalsmusik habe ich hier auch eine wilde Fuge für das Duell am Ende komponiert.
Die chinesische Episode ist ein Unikum in Fritz Langs Œuvres, da es meines Erachtens die einzige Komödie ist, die er je gedreht hat – wenn auch mit tragischem Ende. Und als Komödie habe ich sie auch behandelt. Dabei vermische ich das, was man hierzulande als "chinesisch" konnotierte Klänge interpretiert – Pentatonik und Quint/Quart-Parallelen – mit eine frühen Form des Orchester-Jazz, wie wir ihn bei Gershwin finden. Das ist gewagt, aber äußerst wirkungsvoll und gar nicht so weit hergeholt, wie man annehmen möchte, da auch diese "Jazz"-Formen viel mit Pentatonik und Quint/Quart-Parallelen arbeiten. Da diese Episode besonders ausufernd in ihrer Phantasiefülle ist, boten sich hier auch viele musikalisch reizvolle Einzelszenen an: Die Miniaturarmee oder die ausgedehnt langsame Verfolgung haben mir besonders viel Spaß gemacht.
Wann und wo ist die Premiere der neue Musik angesetzt?
Es gibt am 04. September 2021 eine Doppelpremiere um 16:00 und 20:00 Uhr im Großen Haus des Deutschen Nationaltheaters Weimar als Teil unserer III. Weimarer Stummfilmretrospektive, die wiederum im Rahmen des Kunstfest Weimar 2021 stattfindet. Es spielt die Staatskapelle Weimar in kleiner Besetzung unter der Leitung von Burkhard Götze, mit dem ich schon sehr viel zusammen gearbeitet habe.
Geben Sie uns gerne einen Ausblick auf die kommenden Weimarer Stummfilmtage 2021!
Die Weimarer Stummfilmretrospektive "Im Kreise der Unsterblichen" findet vom 29. September bis 8. August im Lichthaus Kino Weimar statt, abgesehen von der vorgenannten Orchesteraufführung. Wir zeigen insgesamt 15 Filme, die 1921 die Weimarer Spielpläne dominiert haben und noch heute verfügbar sind. Neben einigen bekannten Klassikern wie "Hamlet" mit Asta Nielsen auch heute fast vergessene Filme, wie das vierteilige Serial "Die Jagd nach dem Tode". Dann "Der verlorene Schatten" von Rochus Gliese, der die Geschichte des "Studenten von Prag" in gewisser Weise adaptiert, oder auch Richard Oswalds "Die Reise um die Erde in 80 Tagen" nach Jules Verne. Wir versuchen damit, einen Einblick zu geben, wie der Kinoalltag vor 100 Jahren tatsächlich ausgesehen hat. 1921 liefen in Weimar ​allein 383 Filme, von denen heute nur noch knapp 30 erhalten sind, davon viele wiederum nur fragmentarisch.
Die Veranstaltungen werden alle musikalisch live begleitet. Unsere diesjährigen musikalischen Gäste sind Matthias Hirth (Leipzig), Daan van den Hurk (Niederlande), Camile Phelep (Paris/Berlin), Tobias Rank (Leipzg), Mykyta Sierov (Kiew/Weimar) und die Kino-Organistin Anna Vavilkina (Moskau/Berlin) und ich selbst.
Was sind Ihre nächsten musikalischen Projekte?
Neben den üblichen regelmäßigen Liveauftritten als Stummfilmpianist werde ich im Winter 2021/22 eine klein besetze Musik für Werner Hochbaums proletarischen Klassiker „Brüder“ für die Stiftung Deutsche Kinemathek komponieren und einspielen. Voraussichtlich für Klavier, Harmonium, Oboe und Violine. Das ganze wird als Pendant zu einer modernen Musik von ZDF/Arte wahrscheinlich 2022 auf DVD und Bluray erscheinen.
Was ist Ihr persönliches Rezept, um gut durch die Coronakrise zu kommen?
Das Thema "Corona" nicht die Gespräche und Gedanken dominieren zu lassen.
Wir danken Ihnen sehr für die spannenden Einblicke und wünschen Ihnen viel Erfolg bei der III. Weimarer Stummfilmretrospektive!
vom 29. August bis 8. September 2021
im Lichthaus Kino Weimar und den Großen Haus des Deutschen Nationaltheaters Weimar.
Eine Veranstaltungsreihe von Lichthaus Kino Weimar, Bauhaus-Universität Weimar und Stadtarchiv Weimar in Kooperation mit dem Kunstfest Weimar sowie dem Deutschen Nationaltheater (DNT) & der Staatskapelle Weimar.
15 Filme, die vor 100 Jahren in den Weimarer Kinos liefen! Live begleitet von international rennomierten Stummfilmmusikern!
Zum PROGRAMM
Es spielt die Staatskapelle Weimar unter der Leitung von Burkhard Götze.
Im Auftrag der III. Weimarer Stummfilmretrospektive und des Kunstfestes Weimar 2021 komponierte Richard Siedhoff eine spätromantische Orchestermusik für Fritz Langs Stummfilm von 1921.
»Der müde Tod«
Uraufführung September 2021, großes Haus des DNT (Deutsches Nationaltheater) Weimar.
Burkhard Götze dirigiert die Staatskapelle Weimar.
In Kooperation mit der Staatskapelle Weimar lässt die Weimarer Stummfilm-Retrospektive erneut einen Meilenstein des Weimarer Kinos klangvoll aufleben: Für Fritz Langs frühes Meisterwerk »Der müde Tod« schrieb Richard Siedhoff, Preisträger des 1. DEUTSCHEN STUMMFILM-PREISES 2020, eine Komposition für kleines Orchester im spätromantischen Stil, in der die vier völlig verschienden Welten des Film musikalisch ausgekostet werden.
Das »Volkslied in sechs Versen« erzählt vom Ringen einer Jungvermählten mit dem personifizierten Tod. Dieser nahm ihr den Geliebten, verspricht aber, ihn zurückzugeben, wenn es ihr gelingt, eines von drei verlöschenden Lebenslichtern zu retten. Es entspinnen sich märchenhafte Episoden im alten Orient, dem Venedig der Renaissance und im kaiserlichen China. Doch der Tod scheint wiederum unbesiegt, bis sich eine dramatische Wendung anbahnt.
Gemeinsam mit der Autorin Thea von Harbou und dem Filmarchitekten Walter Röhrig schuf Lang ein dichtes Epos mit impressionistischen und expressionistischen Elementen. Authentische Ausstattung, Anlehnungen an die romantische Malerei, Ornamentik und die kunstvollen Zwischentitel verleihen dem Film seine einzigartige Bild- und Raumdramaturgie: von der endlosen Mauer des Totenreichs, der Kerzenhalle der Lebenslichter bis hin zu Bildern wie aus Märchen aus Tausend und einer Nacht. Mit dem Film, der in eskapistischer Manier die Traumata des Ersten Weltkrieges verarbeitet, ist Lang »ein großer Wurf gelungen« (F. Olimsky).
... mehr Infos HIER!
Etwas mehr als hundert Jahre nach der Uraufführung im Berliner Ufa-Palast am Zoo konnte Burkhard Götze durch einen glücklichen Zufall den Klavierauszug der Originalmusik zu Lubitschs Film SUMURUN von Victor Hollaender finden. Der UFA-Sensationsfilm war damals ein großer internationaler Erfolg, und es spielten die damaligen Top Stars des deutschen Stummfilms: Pola Negri, Paul Wegener und Lubitsch selbst in der Rolle des "Buckel".
Das Jahr 2021 widmet Burkhard Götze der Rekonstruktion und Neuinstrumentierung dieser wunderbaren Musik, mit dem Ziel sie bald herauszugeben und gemeinsam mit dem Film wieder aufführen zu können.
Richard Siedhoff hat die Ehre, bei der Synchroneinrichtung behilflich zu sein!
TRAILER
"ZDF/ARTE-Redakteurin Nina Goslar und der Stummfilmmusiker Richard Siedhoff sind die Preisträger in 2020."
Es rührt mich sehr, dass ich für meine Rekonstruktion der GOLEM-Musik den Deutschen Stummfilmpreis 2020 erhalte. Und es freut mich besonders, dass die Musik des jüdischen Komponisten und Holocaust-Opfers Hans Landsberger nun eine gebührende Würdigung und Aufmerksamkeit erfährt. Nach mehr als zwei Jahren Arbeit an diesem Projekt ist diese Auszeichnung ein unerwartetes Finale, wofür ich sehr dankbar bin. Gleichermaßen gebührt der Preis natürlich den Mitwirkenden, den Filmrestauratoren, Sponsoren, den vielen Musikern und dem Dirigenten Burkhard Götze. Ohne sie hätte das Projekt nie realisiert werden könne. Vielen Dank!
- - Richard Siedhoff - -
-> https://www.stummfilm-magazin.de/ehrung.html
Die Wiedererschaffung des originalen GOLEM
Ein Stück Film- und Filmmusik-Geschichte wurde dieser Tage wieder lebendig - -
Fast auf den Tag genau 100 Jahre nach der Uraufführung erweckte das Deutsche Filmorchester Babelsberg Hans Landsbergers 90-minütige Originalmusik zu DER GOLEM, WIE ER IN DIE WELT KAM (1920) wieder zum Leben. Das Filmorchester hat unter dem Dirigat von Burkhard Götze nun meine Rekonstruktion der Originalmusik von Hans Landsberger zu DER GOLEM, WIE ER IN DIE WELT KAM in klangvoller, großer Orchesterbesetzung für die bevorstehende DVD/Bluray-Ausgabe in der Edition Filmmuseum eingespielt. 2021 wird der Film endlich in gebührender Fassung seinen gebührenden Platz im Kino, im Konzertsaal und im Heimkino finden!
Mein größter Dank an alle Beteiligten - ihr habt großartige Arbeit geleistet!
Die Einspielung mit dem restaurierten Film wird in der Edition Filmmuseum erscheinen. Das Notenmaterial für Live-Aufführungen ist demnächst beim Musikverlag Ries & Erler, Berlin erhältlich, den Film gibt es dann frisch und ungekürzt restauriert und rekonstruiert vom Filmmuseum München zu bewundern.
Größter Dank an Sunrise Foundation for Education and the Arts, ohne die das alles nicht möglich gewesen wäre.
Zu guter Letzt lieben Dank an Giacomo Blume für die fotografische Dokumentation.
Uraufführung der Originalmusik zu DER GOLEM, WIE ER IN DIE WELT KAM.
Die Komposition von Dr. Hans Landsberger feierte ihre glanzvolle Wiederaufführung in der Bearbeitung von Richard Siedhoff im Deutschen Nationaltheater mit der Staatskapelle Weimar unter der Leitung von Gastdirigent Burkhard Götze.
(Foto © by Gerrit Heber)
Eine verschollen geglaubte Filmmusik des Weimarer Kinos wurde wiederentdeckt: die Originalmusik zu »Der Golem, wie er in die Welt kam« des jüdischen Komponisten Dr. Hans Landsberger, der 1941 im Internierungslager Camp de Gurs ums Leben kam. Der Stummfilmmusiker Richard Siedhoff hat die Orchesterfassung rekonstruiert und instrumentiert, um das Gesamtkunstwerk »Der Golem« in seiner ursprünglichen Form wieder aufführen zu können. Paul Wegeners Adaption der jüdischen Sage aus dem Prager Ghetto zählt zu den außergewöhnlichsten künstlerischen Erfolgen des Weimarer Kinos.
Die zwischen 2015 und 2020 vom Filmmuseum München erarbeitete erneute Rekonstruktion des Films entstand in engen Abgleich mit der wiedergefundenen Musik.
Die Neuorchestrierung spielte die Staatskapelle Weimar unter der umsichtigen Leitung des Dirigenten Burkhard Götze vom Metropolis Orchester Berlin. Der Direktor des Filmmuseums München Stefan Drößler gibt eine Einführung in die Thematik.
-> Interview mit Richard Siedhoff im SWR 2 vom 2. September 2020.
Filmkopie: Filmmuseum München
Musikerlag: Ries & Erler, Berlin
Veranstaltet von Lichthaus Kino Weimar, Bauhaus-Universität Weimar, Stadtarchiv Weimar in Kooperation mit Kunstfest Weimar und Deutsches Nationaltheater & Staatskapelle Weimar
Förderer und Kooperationspartner: Kunstfest Weimar, Lichthaus Kino, Bauhaus-Universität Weimar, Stadtarchiv Weimar, Thüringer Staatskanzlei, Sparkassenstiftung Weimar - Weimarer Land, Sparkasse Mittelthüringen, Stadt Weimar, Weimarer Republik e.V (gefördert durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz), Kreativfonds der Bauhaus-Universität Weimar, Filmmuseum München, Deutsche Kinemathek, Deutsches Filminstitut, Bundesarchiv, Stummfilmmagazin.de, Musikverlag Ries & Erler
Welche Filme sahen die Weimarer*innen vor 100 Jahren in den lokalen Kinos? Die Bauhaus-Universität Weimar, das Lichthaus Kino, das Weimarer Stadtarchiv und das Kunstfest Weimar lassen gemeinsam mit international renommierten Stummfilmmusikern das Weimarer Kinojahr 1920 Revue passieren.
Das Programm gibts HIER
Karten gibt es HIER
Von frühen Science-Fiction-Filmen über italienische Heldenepen bis hin zu Verfilmungen russischer Klassik: Das Weimarer Leinwandgeschehen war überaus reicher, als es die Konzentration auf die bekanntesten Werke ahnen lässt. In sorgfältiger Archivarbeit konnte die Dozentur für Film- und Medienwissenschaft anhand der Kinoanzeigen in der »Weimarischen Landeszeitung Deutschland« die Spielpläne der beiden Weimarer Kinos »Scherffs Lichtspielhaus« und »Reform Licht-Spiele« aus dem Jahr 1920 nahezu vollständig rekonstruieren.
Zudem wurde eine verschollen geglaubte Filmmusik des Weimarer Kinos wiederentdeckt: die Originalmusik zu »Der Golem, wie er in die Welt kam« des jüdischen Komponisten Dr. Hans Landsberger, der 1941 im Internierungslager Camp de Gurs ums Leben kam. Der Stummfilmmusiker Richard Siedhoff hat die Orchesterfassung rekonstruiert, um das Gesamtkunstwerk »Der Golem« in seiner ursprünglichen Form wieder aufführen zu können. Paul Wegeners Adaption der jüdischen Sage aus dem Prager Ghetto zählt zu den außergewöhnlichsten künstlerischen Erfolgen des Weimarer Kinos und der prometheische Traum vom »künstlichen Menschen« strebt bis heute nach Verwirklichung in den Grenzbereichen der Kybernetik und Biotechnologie, in Androiden, Cyborgs und künstlicher Intelligenz. Die Neuorchestrierung konzertiert die Staatskapelle Weimar unter der Leitung des Dirigenten Burkhard Götze vom Metropolis Orchester Berlin. Der Direktor des Filmmuseums München Stefan Drößler gibt eine Einführung in die Thematik.
Zusammen mit Expert*innen aus Film, Kultur und Musik bietet die II. Weimarer Stummfilm-Retrospektive »Überreizung der Phantasie« einen panoramatischen Blick auf eine der einflussreichsten Phasen des deutschen Filmschaffens, wie sie sich den Bürger*innen der Stadt Weimar vor genau 100 Jahren dargeboten hat.
Bereits ein Jahr nach der Gründung der Weimarer Republik verabschiedet die Nationalversammlung am 12. Mai 1920 das Reichslichtspielgesetz, »eine der wichtigsten Stationen auf dem ›Weg des Films‹ überhaupt« (Friedrich v. Zglinicki). Filme wurden als Massenmedium anerkannt und durch Skandale und Zensurakte öffentliche Debatten angeregt. Unter dem Titel »Überreizung der Phantasie«, jener hinweisenden Formulierung aus dem Gesetzestext, lässt die II. Weimarer Stummfilm-Retrospektive gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Film, Kultur und Musik das Weimarer Kinojahr 1920 Revue passieren: eine dichte Annäherung an den Kinoalltag vor 100 Jahren.
Die rekonstruierten Spielpläne der lokalen Kinos »Scherffs Lichtspielhaus« und »Reform Licht-Spiele« bekunden: Das Weimarer Leinwandgeschehen war überaus reicher, als es die Konzentration auf die bekanntesten Werke ahnen lässt. So zählten italienische Heldenepen, frühe Science-Fiction-Filme und die Werke des in der Rezeption bisher kaum beachteten Regisseurs Erik Lund zur Weimarer Kinokultur des Jahres 1920. Alle Filme der Retrospektive werden von international renommierten Stummfilm-Musikern live begleitet, darunter John Sweeney (Großbritannien), Richard Siedhoff (Deutschland), Mykyta Sierov (Ukraine) und Günter A. Buchwald (Deutschland). Getreu der damaligen Vorführungspraxis werden die Hauptfilme durch historische Messter-Wochenschauen aus dem Bundesarchiv ergänzt.
Cinessage: Mi. 2.9., 18:30 Uhr, Lichthaus-Kino mit Dirk Heinje (Lichthaus GmbH), Rolf C. Hemke (Kunstfest Weimar), Dr. Katrin Richter (Bauhaus-Universität Weimar), Richard Siedhoff (Hauspianist Lichthaus Kino und Stummfilmmusiker)
Förderer und Kooperationspartner: Kunstfest Weimar, Lichthaus Kino, Bauhaus-Universität Weimar, Stadtarchiv Weimar, Thüringer Staatskanzlei, Sparkassenstiftung Weimar - Weimarer Land, Sparkasse Mittelthüringen, Stadt Weimar, Weimarer Republik e.V (gefördert durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz), Kreativfonds der Bauhaus-Universität Weimar, Filmmuseum München, Deutsche Kinemathek, Deutsches Filminstitut, Bundesarchiv, Stummfilmmagazin.de, Musikverlag Ries & Erler
2018 entdeckte ich die lange verschollen geglaubte Originalmusik zum Film DER GOLEM, WIE ER IN DIE WELT KAM (Paul Wegener, 1920) des jüdischen Komponisten Dr. Hans Landsberger in Form einer Klavierdirektion mit wenigen Stimmenfragmenten wieder.
Jetzt, zwei Jahre später, habe ich die Musik fertig rekonstruiert und für großes Orchester re-instrumentiert, um der Premierenfassung so nah wie möglich zu kommen. Abgestimmt ist die Partitur auf die vollständige digitale Rekonstruktion des Films durch das Filmmuseum München (2017-2020), in welcher auch Schnitt-Korrekturen zu Gunsten der Musik gemacht wurden. Das ganze Werk läuft nun fast exakt 90 Minuten. Dabei mussten lediglich zwölf Takte gestrichen werden, ansonsten konnte die Musik in Ihrer Struktur komplett beibehalten werden!
Am 3. September ist die Premiere (für kleines Orchester) innerhalb der Stummfilmretrospektive "Überreizung der Phantasie" im Rahmen des Kunstfest Weimar in Zusammenarbeit mit dem Lichthaus Kino Weimar und der Bauhaus-Universität Weimar mit der Staatskapelle Weimar im großen Haus des DNT Weimar geplant. Dirigieren wird Burkhard Goetze, der sich im Dirigat von Orchestermusiken zu Stummfilmen bereits einen hervorragenden Namen gemacht hat.
Man darf gespannt sein!
Das Werk ist eine maßgeschneiderte Mischung aus Beethovens sämtlichen Werken einmal durch die Siedhoff'sche Stummfilmmusik-Schmiede gedreht.
-> HIER
Filme der Weimarer Republik in den Weimarer Kinos 1919
25. August bis 5. September
nur im Lichthaus Kino Weimar
Zur 100sten Jährung der Republikgründung bekommt Weimar im Rahmen des Kunstfests Weimar sein erstes Stummfilmfestival im Form einer Retrospektive jener Filme, welche exakt vor 100 Jahren den Kinobetrieb dominierten und die eigentlichen Kassenschlager des Jahres 1919 waren. Fern ab vom etablierten Kanon der Filmgeschichte sind Filme zu erleben, die ohne Weiteres kaum mehr das Archiv verlassen. Zu Unrecht, wie sich herausstellen wird.
Begleitet werden die Filme live von Richard Siedhoff (Weimar), Maud Nelissen (Niederlande), Stephen Horne (London), Wolf-Günter Leidel (Weimar), Mykyta Sierov (Kiew) und Matthias Hirth (Dresden).
Zahlreiche Gastvorträge, Einführungen und Nachgespräche kenntnisreicher Filmforscher runden das Programm ab.
Richard Siedhoff entdeckte 2018 nach jahrelangen Recherchen nun endlich die Originalmusik des jüdischen Komponiste Dr. Hans Landsberger aus dem Jahre 1920 zu Paul Wegeners Meisterwerk "Der Golem, wie er in die Welt kam".
Aus dem kompletten Klavierauszug und einem Satz fragmentarischer Orchesterstimmen rekonstruiert Siedhoff in Zusammenarbeit mit dem Filmmuseum München sowohl die Originalfassung des Films als auch die ursprüngliche Orchesterpartitur.
Film und Musik sollen 2019 fertig werden. Der Rohschnitt und die Synchroneinrichtung sind bereits vollendet!
Dazu ein Interview mit Redakteur Matthias J. Lange von redaktion42 mit Richard Siedhoff und Oliver Hanley (Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf)
Noch ein Paar Infos mehr gibts hier bei redaktion42.de.
Zu beachten ist, dass bereits 2018 die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung eine Restaurierung des Films fertiggestellt hat, welche optisch brillant, inhaltlich jedoch sehr unvollständig ist (man fand ein fragmentarisches Originalnegtiv: fast jeder Take ist vorne und hinten gekappt, um den Film 1921 für den amerikanischen Markt zu "beschleunigen"). Und so lässt sich die Originalmusik auf die neue Fassung der Murnau-Stiftung bedauerlicher Weise nicht anwenden, ohne starke, kürzende Eingriffe in der Partitur vorzunehmen. Daher wird die Musik explizit auf die seit 2016 in Arbeit befindliche und 2019 fertig gestellte Filmrekonstruktion des Filmmuseums München angelegt werden (welche ebenfalls auf Nitros erster Generation zurückgreift), da hier die Musik fast komplett ohne kürzende Eingriffe angewendet werden kann. Also werden wir es demnächst mit zwei, alternativen Fassungen zu tun haben: Der vollständigen "Münchner Fassung" sowie der kürzeren Fassung der Murnau-Stiftung mit etwas besserer Bildqualität.
Messter-Wochenschau von 1919
"Der große Tag des deutschen Volkes: Die Nationalversammlung in Weimar"
Am 6. Februar um 15:15 uhr im DNT Weimar, live übertragen von der ARD.
vertont von Richard Siedhoff für kleines Orchester
im Auftrag der Staatskanzlei Thüringen und der Staatskapelle Weimar
für die Eröffnung der "Woche der Demokratie" zum Gedenken an die historischen Ereignisse der Nationalversammlung vor 100 Jahren im Deutschen Nationaltheater Weimar.
Die nach 90 Jahren endlich fast komplette Fassung von THE BATTLE OF THE CENTURY (1927), der ersten offiziellen Produktion mit Laurel & Hardy als Komikerduo. Von der zweiten Hälfte des Films existierten bisher nur 3 Minuten, jetzt ist sie wieder komplett, inklusive der größten Tortenschlacht der Filmgeschichte!
Die restaurierte Fassung feiert ihre TV-Premiere am 2. Januar 2019 um 23:50 auf Arte.
Musik: Richard Siedhoff am Flügel (2018)
Derzeit auch HIER in der Arte-Mediathek.
"DER GANG IN DIE NACHT" (1921) endlich auf DVD!
Erschienen in der Edition Filmmuseum mit der Orchestermusik von Richard Siedhoff, eingespielt vom Metropolis Orchester Berlin!
Ebenfalls auf der Doppel-DVD: "SCHERBEN" (1921) von Lupu Pick - - ein weiteres Werk des Filmautors Carl Mayer mit Musik von Christian Roderburg und Ensemble!
Beide Filme in den digital restaurierten Fassungen des Filmmuseums München.
Als Bonus gibt es die 30-minütige Doku "MUSIK FÜR MURNAU". Eine Kostprobe gibt es schonmal hier:
"Kosmische Reise" - - der letzte sowjetische Stummfilm von
Neben dem Digital-Orchester-Score von Neil Brand gibts auch einen Klaviermitschnitt aus dem Lichthaus Kino Weimar zu hören!
Kosmische Reise ist der letzte sowjetische Stummfilm und entstand zu einer Zeit, als der Tonfilm sich schon längst durchgesetzt hatte. Der mit großem Aufwand und verblüffender Tricktechnik produzierte Science-Fiction-Film zeigt das fiktive Moskau des Jahres 1946, so wie Stalin es geplant, aber dann später nicht hat umsetzen können. Im Mittelpunkt steht eine erstaunlich realistische Reise im Raumschiff zum Mond. Interplanetarische Revolution ist einer der ersten sowjetischen Animationsfilme, der eine Reise zum Mars schildert. Alexander Schwarz beschreibt im Booklet der DVD die Anfänge des sowjetischen Science-Fiction-Films, Neil Brand, Masha Khotimski und Richard Siedhoff haben außergewöhnliche Musikbegleitungen geschaffen.
Musik in 6 Akten zum Stummfilm von F. W. Murnau für Kino-Orchester (Salonorchester)
Verlegt bei Ries & Erler, Berlin!
Vorpremiere: 5. November 2018 im Babylon Kino Berlin
Premiere: 11. Novemeber 2018 in Bielefeld.
... natürlich mit dem Metropolis Orchester Berlin!
Nähere Infos hier: BERLINALE PROGRAMM
Video: "Von Beruf Stummfilmpianist"